Interview mit Jürgen Friedrich

Neustart mit Elementarteilchen
Der Jazz-Pianist Jürgen Friedrich über die Hintergründe seines Braunschweiger Auftritts in Doppelbesetzung

Jürgen Friedrich, Pianist, Komponist, Dirigent und Hochschullehrer in Köln und Mannheim für Jazz, Improvisation und zeitgenössische Musik, sowie bekennender Gr. Schwülperaner, wird am kommenden Freitag im Lindenhof Braunschweig mit seiner aktuellen Band ein Konzert geben. Klaus Gohlke sprach mit dem 45-jährigen.

Jürgen, nach längerer Zeit mal wieder ein Konzert in Braunschweig. Vorfreude?

Na klar. Ich hoffe der Saal im Lindenhof wird voll.

Du gibst gewissermaßen ein Doppelkonzert. Du trittst mit dem Trio „Reboot“ und als Duo „Nano Brothers“ auf. Sehr ungewöhnlich!

Das ist auch einmalig, nur für Braunschweig. Die Initiative Jazz Braunschweig wusste, dass beide Projekte derzeit laufen und fragte an, ob man nicht beides verbinden könne. Deshalb also.

„Reboot“ – das ist ja Computersprache und meint „Neustart“ oder „Wieder hochfahren“. Inwiefern startest du neu?

Ich habe vorher an einem sehr komplexen Projekt gearbeitet. „Monosuite“, eine Komposition für ein 22köpfiges Streichorchester und ein Jazzquintett. Danach brauchte ich Urlaub. Der Beginn dann wieder in kleiner überschaubarer Besetzung, das fühlte sich an wie ein Neustart, wiedergewonnene Freiheit.

Und wieso Nano Brothers?

Das ist ja ein Piano-/ Saxofon-Duo. Wir spielen ausschließlich improvisierte Musik, teilweise ganz frei. Und die Ideen, die wir beim Spielen entwickeln, setzen sich aus kleinsten Elementen zusammen, Nano-Teilchen.

In der Konzertankündigung wird eure Musik charakterisiert als „alter Blues, zeitgenössische Musik, fast Pop, freie Harmoniewelt“. Das klingt nach Sammelsurium. Für jeden etwas.

Absolut nicht, keine Mixtur und keine Anbiederung. Es ist nur so, dass alle im Trio eine bestimmte musikalische Geschichte haben. Und wenn du improvisierst, kommen ja die Ideen nicht aus dem luftleeren Raum, sondern aus deinen musikalischen Erfahrungen. Das wollen wir auch nicht leugnen, sondern ehrliche Musik machen. Wir wollen in unserer Musik authentisch sein und nicht etwas vorspiegeln.

Deshalb auch ein Rückgriff auf Arnold Schönberg und Witold Lutoslawski auf eurer CD?

Genau. Ich habe einen starken klassischen Background. Und der ist für einen Jazzmusiker die wahre Freude. Das ist wie ein Reich gefüllter Obstkorb: heiße Taktarten, tolle Intervallsprache. Eine Inspirationsquelle. Ich trenne nicht zwischen Jazz und E-Musik. Mir geht es um Musik, die Menschen interessieren und gefallen kann.

Jürgen Friedrich: Reboot/Nano Brothers. Jazzkonzert. Freitag, 26. 06.2015 20 Uhr. Lindenhof Braunschweig, Kasernenstraße.